Zapfensande als erdgeschichtliche Zeugen gewaltiger Erdbeben

aus: Nature Communications 2021

In einer Studie im internationalen Wissenschaftsjournal „Nature Communications" präsentieren die drei Geowissenschaftler Elmar Buchner, Volker J. Sach & Martin Schmieder eine gänzlich neue Erklärung für die Bildung der so genannten „Zapfensande" innerhalb der tertiären Schichtenabfolge der Oberen Süßwassermolasse im Raum Oberschwaben. Demnach entstanden diese "Zapfensande" tatsächlich durch immense, spontane seismische Energie stärkster Erdbeben mit Magnituden-Stärken von wohl deutlich über 7-8. Die Orientierung der Zapfen-Längsachsen bzw. die Zapfenköpfe weisen dabei ziemlich verlässlich auf die Quelle des Starkbebens hin. Wie in der neuen Studie gezeigt werden konnte, ist das Vorkommen der Zapfensande in Oberschwaben (insbesondere bei Ochsenhausen und Biberach an der Riß), immer an den markanten Seismit-Horizont des Ries-Impakt-Bebens gebunden. Besonders interessant ist dabei, dass die länglichen Stiele der Zapfen im nordalpinen Vorlandbecken ziemlich konstant ausgerichtet sind und stets vom Nördlinger-Ries-Krater wegzeigen. Auffällig ist außerdem, dass die Zapfen selbst genau in jungtertiären Schichten eingebettet sind, die ursprünglich nahe an der ehemaligen Landoberfläche zur Zeit des Einschlags lagen. Solche Sandsteinzapfen gibt es aber nicht nur in Südwestdeutschland, sondern auch unweit der geologisch aktiven San Andreas-Verwerfung in Kalifornien (USA; genauer gesagt am Mount Signal an der Grenze zu Mexiko), wo sie seit den 30er-Jahren als so genannte „Sand Spikes" bekannt sind. Auch in den USA galten diese Zapfen noch bis heute als geologisches Mysterium. Neben den Zapfen in Oberschwaben und Kalifornien dürften auch anderenorts auf der Welt ähnliche Bildungen vorkommen. Tatsächlich gibt es in der Literatur etliche Hinweise darauf, dass Sand Spikes auch im Umfeld seismisch aktiver Strukturen in anderen Regionen der Erde auftreten, beispielsweise in Frankreich, Italien, aber auch in Australien. Nach näherer Betrachtung dieser Gebiete versprechen auch die Zapfen-Vorkommen dort interessante Erkenntnisse zum Erdbebenpotenzial.

Zapfensandstein-Gruppe von Ochsenhausen im Landkreis Biberach. Neben dieser Form mit blumenkohlartiger Oberfläche existieren auch weitgehend glatte Zapfen. Solche Zapfen bilden sich Buchner, Sach und Schmieder zufolge beim Durchlauf hochenergetischer seismischer Wellen im teils wassergesättigten Sediment. Bild & Coll.: Volker J. Sach, Länge der Zapfengruppe: 70 Zentimeter.

Abb.1: Zapfensandstein-Gruppe von Ochsenhausen im Landkreis Biberach. Neben dieser Form mit blumenkohlartiger Oberfläche existieren auch weitgehend glatte Zapfen. Solche Zapfen bilden sich Buchner, Sach und Schmieder zufolge beim Durchlauf hochenergetischer seismischer Wellen im teils wassergesättigten Sediment. Bild & Coll.: Volker J. Sach, Länge der Zapfengruppe: 70 Zentimeter.

Zapfensandstein-Gruppe aus dem Josefstobel (Hochgeländ, Landkreis Biberach) mit ausschließlich glatten Oberflächen und Fluidalgefüge-ähnliche generell nach Süden ausgerichteten Seismit-Strukturen

Abb.2: Zapfensandstein-Gruppe aus dem Josefstobel (Hochgeländ) im Landkreis Biberach. Gegenüber den Fundobjekten aus Ochsenhausen (siehe oben) sind die Zapfensandsteine vom Josefstobel zwar weniger markant ausgebildet und haben ausschließlich glatte Oberflächen, sie zeigen hier aber ebenfalls Fluidalgefüge-ähnliche und dabei generell nach Süden ausgerichtete Seismit-Strukturen. Bild & Coll.: Volker J. Sach, Länge der Zapfengruppe: 80 Zentimeter.

Quelle: Buchner, E., Sach, V.J. & Schmieder, M. Sand spikes pinpoint powerful palaeoseismicity. Nat Commun 12, 6731 (2021). https://doi.org/10.1038/s41467-021-27061-6; https://www.nature.com/articles/s41467-021-27061-6


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